Anhörung zum Referentenentwurf zum „Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz“ (RISG) am 11.9.2019 im Bundesministerium für Gesundheit in Berlin

Am 11.9.2019 haben Frank Gerhard, Sektionssprecher „Pflege in der außerklinischen Versorgung“ und Präsident Dr. Martin Bachmann, offiziell für die Deutsche Interdisziplinäre Gesellschaft für außerklinische Beatmung e.V. (DIGAB) an der Anhörung zu dem Referentenentwurf zum „Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz“ (RISG) teilgenommen. Neben der DIGAB e.V. waren zahlreiche Verbände und Organisationen, vorwiegend aus dem Betroffenen-, Gesundheits-, Wohlfahrts- oder Kostenträgerbereich, mit insgesamt ca. 80 Personen vertreten. Als positiv zu vermerken ist, dass der Vorsitzende, Herr Joachim Becker, Leiter der Abteilung „Gesundheitsversorgung, Krankenversicherung“ im Bundesgesundheitsministerium (BMG), in seinen einleitenden Worten bereits einräumte, dass das Bundesministerium für Gesundheit festgestellt habe, dass Änderungen im Entwurf vorgenommen werden müssten. Dies beträfe, ohne das Thema weiter auszuführen, vor allem die Berücksichtigung der Selbstbestimmtheit und Teilhabefähigkeit.

Für die Anhörung waren rund drei Stunden vorgesehen. Dementsprechend wurde nicht diskutiert, insbesondere nicht mit den Vertretern des BMG, sondern es wurden nur die einzelnen Kommentare, Anmerkungen oder Kritikpunkte zu dem Entwurf aufgenommen. Jede Wortmeldung wurde zugelassen, angehört und aufgenommen. Weil viele Teilnehmende aus den unterschiedlichsten Verbänden und Organisationen anwesend waren, wurden alle auch von Dr. Bachmann und Frank Gerhard vertretenen Argumente auf den Tisch gebracht. Dies hatte eine gewisse Redundanz zur Folge, die aber nur zeigte, wie einig man sich in verschiedenen Kritikpunkten bereits ist.

Positiv bewertet wurde, dass

• die außerklinische Intensivversorgung gesetzlich geregelt werden soll, um die Versorgung und die Versorgungsstrukturen für außerklinisch intensivpflichtige Menschen zu verbessern,
• stationäre Strukturen gestärkt werden sollen mit dem Ziel einer qualitativ besseren und fachlich strukturierteren Versorgung von Patienten aus der Intensivmedizin mit Weaningversagen,
• die Angleichung der Vergütung intensivpflegerischer Leistungen im ambulanten und stationären Bereich erfolgen und
• die außerklinische ärztliche Versorgung verbessert werden soll.

Hier einige der Kritikpunkte, die Anlass zu großer Besorgnis geben, sowie Nachbesserungsvorschläge:

• Umkehr des grundsätzlichen Anspruchs auf häusliche Intensivpflege in einen Anspruch auf außerklinische Intensivpflege stationär oder in Intensiv-Wohngemeinschaften und nur in Ausnahmefällen oder im Kindesalter in häuslicher Umgebung,
• Kriterium der „Zumutbarkeit“,
• Außerklinische Versorgung, wenn, dann nur in der Häuslichkeit, auch im Kindes- und Jugendalter, aber nicht in Einrichtungen, wie Kindergärten, Schulen, Behindertenwerkstätten etc.
• Berücksichtigung aller Personen mit hoher Teilhabefähigkeit und selbstbestimmtem Leben, insbesondere mit neuromuskulären Einschränkungen,
• weiterhin Ermöglichung und Förderung von Assistenzmodellen, auch mit qualifizierter Laienpflege,
• realistische Umsetzung der ärztlichen Versorgung, sodass bundesweit eine flächendeckende Versorgung annähernd realisierbar ist. Vorschlag eines Modells äquivalent zur spezialisierten Palliativversorgung (SAPV)
• u.v.m.

Aufgrund der Vertretung durch zwei Personen aus unterschiedlichen Bereichen war die DIGAB e.V. breit aufgestellt und Dr. Martin Bachmann sowie Frank Gerhard konnten sich für die DIGAB mit allen Themen gut positionieren. Folgende Themen haben beide im Rahmen der Wortmeldungen besonders hervorgehoben:

Herr Dr. Bachmann:
• Die ärztliche außerklinische Versorgung ist derzeit unzureichend; sie sollte analog zur SAPV finanziert werden und durch spezialisierte Ärzte erfolgen.
• Hierbei ist die Expertise (im Rahmen der Ausbildung in einem qualifizierten Zentrum) wichtiger als die Fachrichtung der Facharztausbildung.

Herr Gerhard:
• Das Selbstbestimmungsrecht zur Wahl der Unterbringung der Betroffenen darf nicht eingeschränkt werden.
• Es muss multisektorale Vorgaben hinsichtlich Qualifikation und personeller Ausstattung geben, unabhängig von der Versorgungsform (ambulante WG/ SGB XI Einrichtung).
• Bei der ambulanten Intensivpflege handelt es sich nicht um einen ungeregelten Bereich. Jeder Pflegedienst wird mindestens 1 x jährlich überprüft. Grundlage der Überprüfung ist die QPR-HKP (angelehnt an die S2K-Leitlinie).

Wie geht es nun weiter? Den Teilnehmenden an der Anhörung wurde zugesagt, dass alle Beiträge gehört und aufgenommen wurden. Sie werden in den kommenden Wochen zusammen mit den schriftlichen Stellungnahmen, die von den Verbänden (auch der DIGAB e.V.), im Vorfeld eingereicht worden waren, ausgewertet, bewertet und ggf. in den Referentenentwurf eingearbeitet. Es bleibt also in gewisser Weise spannend, wie das Ergebnis aussehen wird. Die Anhörung gebe aber, so die beiden DIGAB-Vertreter, Anlass zur Hoffnung, dass wichtige Punkte des Entwurfs noch geändert würden.

„Wir bleiben dran!“, das ist die Botschaft von Präsident Dr. Martin Bachmann und Sektionssprecher Frank Gerhard.

Pressemeldung zum Download hier.

Anhörung zum Referentenentwurf zum „Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz“ (RISG) am 11.9.2019 im Bundesministerium für Gesundheit in Berlin